Deutsche Autohersteller könnten CO2-Ziele schaffen

CO2-Strafen

Deutsche Autohersteller könnten CO2-Ziele schaffen

17. Juli 2020 agvs-upsa.ch – Corona sei Dank: CO2-Strafzahlungen sind für deutsche Automobilhersteller eher unwahrscheinlich. Zu diesem Schluss kommen die Experten von PricewaterhouseCoopers (PwC). Auto-Schweiz relativiert die Studie für die Schweiz.


Quelle: BMW

abi. Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC geht davon aus, dass die deutschen Automobil-Hersteller in der Europäischen Union keine CO2-Strafzahlungen bezahlen müssen. Ausgerechnet die Corona-Krise soll sich für sie positiv auswirken.

Der Grund: Die PwC-Automobilexperten rechnen für den europäischen Automobil-Gesamtmarkt zwar mit einem Einbruch zwischen rund 25 und 30 Prozent für 2020 im Vergleich zum Vorjahr. Aber dies betreffe vor allem die konventionellen Fahrzeugmodelle und nicht die E-Fahrzeuge. «Die E-Modelle, die in diesem Jahr auf den Markt kommen, sind zumeist schon vor der Pandemie bestellt worden, weil die Lieferzeiten aufgrund der vergleichsweise geringen Produktionskapazitäten nach wie vor lang sind», teilte PwC mit.

Daher würden die Neuzulassungen der E-Fahrzeuge auch im laufenden Jahr weiter stark wachsen und beispielsweise in Deutschland bei über 100'000 elektrischen Autos liegen. Daraus folgert Felix Kuhnert von PwC: «Die Corona-Krise hilft also praktisch, die CO2-Grenzwerte zu erfüllen.» 

PwC stützt sich dabei auch auf Zahlen des Branchenverbandes VDA. Demnach waren die Zulassungen von Elektrofahrzeugen im Mai 2020 um 56 Prozent höher als im Vorjahresmonat, während der Gesamtmarkt Corona-bedingt um 60 Prozent einbrach. «Mit Blick auf die langfristigen CO2-Ziele könnten Hersteller sogar Überlegungen anstellen, den Anteil der E-Modelle so zu steuern, dass die Grenzwerte genau erreicht werden – die Ziele aber auch nicht übererfüllt werden», sagt Kuhnert.

Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft kommt damit zu einem anderen Ergebnis als die meisten bisherigen Analysen von Branchenexperten. Diese gehen oft davon aus, dass viele europäische Automobilhersteller die Klimaziele verfehlen werden – und darum drastische Strafzahlungen leisten müssen.

«Die EU-Flottenziele sind unseren Berechnungen nach durchaus erreichbar», betont Kuhnert. Vom Konjunkturförderprogramm der Bundesregierung erwartet PwC allerdings eher geringe Effekte auf den Absatz von E-Fahrzeugen sowie auf die Industrie insgesamt. 

Diesen Aussagen liegen detaillierte Berechnungen zugrunde. PwC untersuchte, wie viele Fahrzeuge im Jahr 2020 in Deutschland neuzugelassen werden müssten, damit Hersteller Strafzahlungen vermeiden könnten. Das Ergebnis der Modellrechnung: In einem konkreten Beispiel müssten 11,8 Prozent der verkauften Autos entweder elektrisch oder Plug-in-Hybride sein. 

Zudem setzten sie die Grenzwerte für die CO2-Emissionen in Relation zu den tatsächlichen Emissionen der Neuzulassungen. «Beim Fahrzeuggewicht liegen deutsche Hersteller mitunter über dem europäischen Durchschnitt. Für sie gelten demnach auch etwas höhere Grenzwerte», sagt Kuhnert. Dabei wirke sich auch der Anteil elektrischer Fahrzeuge aus, die tendenziell schwerer sind als herkömmliche Autos. 

Da batterieelektrische Fahrzeuge und Plug-in-Hybride in diesem Jahr doppelt angerechnet werden, senken sie die CO2-Bilanz noch zusätzlich. «Bei allen Überlegungen darf man auch nicht vergessen, dass Öko-Innovationen wie LED-Scheinwerfer oder Leichtlaufreifen zusätzlich auf die CO2-Bilanz angerechnet werden können», sagt Stefan Ritter, Senior Manager im Bereich Energy & Utilities bei PwC. «Bis zu sieben Gramm pro Fahrzeug lassen sich dadurch kompensieren. Dies können Hersteller mit vergleichsweise geringem Aufwand strategisch und flexibel nutzen.»
 
Reaktion von Auto-Schweiz auf die PwC-Studie
Die Prognose, dass bestimmte Marken in der EU keine CO2-Sanktionen für das laufende Jahr zu befürchten haben, lässt sich leider nicht auf die Schweiz übertragen – ganz im Gegenteil. Zum einen kommt der Schweizer Markt von einem höheren CO2-Niveau, was hauptsächlich auf den Topografie-bedingt höheren Allradanteil und den niedrigeren Diesel-Anteil als in der EU zurückzuführen ist. Aber auch die hiesige hohe Kaufkraft und der daraus resultierende Wunsch nach mehr Sicherheits- und Komfortausstattung spielt dabei eine Rolle. Das 95-Gramm-Ziel scheint damit schon ausser Reichweite zu sein, auch wenn in diesem Jahr «nur» 85 Prozent der Neuwagen diesen Wert erreichen müssen. 

Im zweiten Halbjahr könnten aber besonders die massiven Fördermittel für Elektro-Fahrzeuge in einigen EU-Ländern zum Problem für die Schweizer Importeure werden. Denn die Hersteller werden ihre E-Modelle und Plug-in-Hybride eher dorthin liefern, wo es jetzt hohe Kaufprämien gibt. So erhält ein deutscher Autokäufer bis Ende Jahr fast 10'000 Euro Nachlass auf ein Elektroauto, das die Kriterien erfüllt. In den meisten Schweizer Kantonen erhalten Interessenten keinen müden Rappen an Unterstützung.

 

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