Gefangen im Konjunktiv

CNG-Mobilität

Gefangen im Konjunktiv

10. April 2019 agvs-upsa.ch – «CNG wäre der ideale Treibstoff, um die CO2-Emissionen im motorisierten Individualverkehr zu senken.» Das Zitat stammt von François Launaz, Präsident von Auto-Schweiz, und zeigt eines der Probleme dieser ökologisch sinnvollen Alternative zu Benzin und Diesel. CNG ist gefangen im Konjunktiv.

sco. Um beim Konjunktiv zu bleiben: Die Vorteile lägen auf der Hand. CNG ist sauber, kostengünstig und verlässlich. CNG steht für Compressed Natural Gas und besteht hauptsächlich aus komprimiertem Methan (CH4). Ein CNG-Antrieb stösst 25 Prozent weniger des schädlichen Treibhausgases CO2 aus als ein vergleichbarer Benziner; mit 100 Prozent Biogas betankt ist er sogar nahezu CO2-neutral. Auch Stickoxide (NOx) und Feinstaub sind praktisch kein Thema. Rund 145 CNG-Tankstellen garantieren eine ausreichende Versorgung mit dem Treibstoff – wenn man nicht gerade im Engadin oder im Obergoms wohnt.

Und die Technologie beruht auf dem Ottomotor, was für die Garagisten mehrere Vorteile hat: Einerseits beschäftigen sie sich seit mehr als 100 Jahren mit der Technologie, verfügen dadurch über viel Know-how und die entsprechende Werkstattausrüstung. Andererseits verspricht der Ottomotor – im Gegensatz zur wartungsarmen E-Mobilität – auch in Zukunft ein stabiles Aftersales-Geschäft.

12 000 CNG-Fahrzeuge in der Schweiz
Und doch: Ende 2018 waren nur rund 12 000 CNG-betriebene Fahrzeuge in der Schweiz immatrikuliert. «Das wollen wir ändern», verspricht Pascal Lenzin. Der Berner ist nationaler Mobilitätskoordinator der regional organisierten Schweizer Gasbranche. Lenzin hat ein klares Ziel für 2019: Eine Steigerung der Absatzzahlen um 25 Prozent auf 1500 Immatrikulationen.

Dabei setzt er vor allem auf Flotten. «Flotten müssen sich rechnen», erklärt Lenzin. «Hier ist CNG unschlagbar. Eine CNG-Flotte rentiert sehr schnell. Sie ist sowohl ökologisch wie auch ökonomisch sinnvoll.» 2018 hat sich unter anderen das Telekom-Unternehmen Salt von den Argumenten für CNG – und vor allem von den TCO (= Total Cost of Ownership) – überzeugen lassen und im April 44 Seat Leon TGI für ihre Aussendienstmitarbeiter geordert (AUTOINSIDE berichtete). Diese Zahl zeigt den zweiten Grund, warum Lenzin derzeit vor allem auf Flottenkunden fokussiert: Hier ist der Hebel ungleich grösser als bei Privatkunden. 
Vor allem der Volkswagen-Konzern und Fiat Chrysler setzen auf CNG. Neben Seat haben auch die VW-Töchter Audi, Skoda und VW entsprechende Fahrzeuge im Sortiment, Opel bietet in der Schweiz den Astra mit Erdgas/Biogas-Antrieb an. Sämtliche hierzulande angebotenen Fahrzeuge sind bivalent ausgelegt, das bedeutet, dass der Wagen ausser mit CNG auch mit normalem Superbenzin gefahren werden kann. 

Im Nutzfahrzeugbereich sind es Scania, Iveco und (teilweise) Mercedes, die mit CNG-Fahrzeugen auf dem Schweizer Markt präsent sind. 

Gute Laune am Auto-Salon: Pascal Lenzin (links), nationaler Mobilitätskoordinator CNG, und Christoph Schreyer, Leiter Mobilität beim Bundesamt für Energie, nehmen Platz in einem nicht wirklich serienreifen Fahrzeug.

Am Auto-Salon stellte die Schweizer Gasbranche in Halle 6 einige der derzeit verfügbaren PW-Modelle aus – darunter auch einen jener Seat, mit denen die Salt-Aussendienstmitarbeiter derzeit unterwegs sind. Pascal Lenzin war zum Zeitpunkt des Salons mit verschiedenen grösseren Unternehmen in Verhandlungen, will aber keine Namen nennen. «Spruchreif ist noch nichts. Was ich sagen kann: Wir sprechen hier von Verträgen über die Lieferung von einigen hundert Fahrzeugen.»

1200 CNG-Fahrzeuge wurden 2018 in der Schweiz neuimmatrikuliert. Es hätten mehr sein können, doch Verzögerungen im Zuge der Umstellung auf das neue Abgastestverfahren WLTP (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedures) trafen gerade die CNG-Fahrzeuge besonders hart. Der Volkswagen-Konzern, der 2017 und 2018 zahlreiche neue Modelle mit dem alternativen Antrieb auf den Markt gebracht hatte, sorgte aufgrund der Engpässe für eine beschleunigte Zertifizierung seiner Volumenmodelle. «Dafür wurden jene Varianten vernachlässigt, die weniger oft gekauft werden», erklärte Auto-Professor Ferdinand Dudenhöffer im August 2018 gegenüber der «Luzerner Zeitung». Und dabei handelte es sich auch um CNG-Fahrzeuge.

Befreiung von der Mineralölsteuer
CNG profitiert in der Schweiz von Steuerermässigungen, was den Treibstoff kostengünstiger als Benzin und Diesel macht. Das ist nicht nur für die Flottenmanager, sondern auch für den Endkonsumenten ein Argument. Während beispielsweise in Deutschland die CNG-Mobilität noch bis 2026 von solchen Steuerermässigungen profitiert, endet dieses Privileg in der Schweiz nächstes Jahr. Wie es danach weitergeht und ob die steuerlichen Vorteile über 2020 hinaus gewährt werden, ist noch offen. Bundesbern setzt aktuell stark auf den Ausbau der Elektromobilität, um die angestrebten CO2-Ziele zu erreichen. Es ist zu hoffen, dass diese Bevorzugung der E-Mobilität nicht dazu führt, dass einer sinnvollen, bewährten und sicheren Technologie der Stecker gezogen wird.

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