Damit Oldies wie geschmiert laufen

Garagistenzmorge

Damit Oldies wie geschmiert laufen

5. April 2023 agvs-upsa.ch – Eine Berner Familienbetrieb hat sich mit viel Herzblut für Oldtimer eine Nische geschaffen: Der AGVS-Garagist Stefan Mäder aus Täuffelen BE repariert und restauriert nicht nur alte Engländer, sondern ist zum Öl- und Schmiermittelexperten geworden. Er geht allen Fragen auf den Grund und sucht clevere Lösungen. Daher nutzt Mäder für Oldtimer auch innovative Technik, Schmiermittel mit ­Formel-1-Technologie oder wasserloses ­Kühlmittel – für ihn kein Widerspruch.

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Im umfangreichen Ersatzteillager sorgen unzählige blaue und rote Boxen, feinsäuberlich markiert, für den Durchblick. Fotos: AGVS-Medien

Jas. Im Zentrum von Täuffelen am Bielersee, direkt an der Hauptstrasse, liegt der Betrieb von Stefan Mäder. Bis auf den Union Jack und den Namenszug über der Tür deutet nichts darauf hin, dass sich hier eine der profiliertesten Werkstätten für britische Oldtimer befindet – typisches englisches Understatement eben. Tritt man ein, taucht man in ein kleines, schmuckes Königreich für Oldtimer ein. An den Fahrzeugen arbeitet hier bereits die dritte Generation des Familienbetriebs. Vater Anton Mäder, der die British-Leyland-Vertretung 1974 übernommen hatte, ist im Untergeschoss mitten in der Inventur. «Alles hat angefangen mit dem MG A Coupé 1600 mit Jahrgang 1961 von meiner Mutter», erläutert uns Stefan Mäder seine Faszination für Autos von der Insel. «Der stand hier in der Garage, und ich bekam ihn unter der Bedingung, dass ich ihn restauriere.»

So startete der Automechaniker mit eidgenössischem Fähigkeitsausweis gleich nach Ende seiner Ausbildung und Eintritt in den elterlichen Betrieb im Jahre 1990. Ersatzteile für den MG waren hierzulande jedoch rar. Eine Herausforderung, aber kein Problem für ­Mäder, der immer nach Lösungen strebt und auch für seine Kunden das Optimum herausholen will. Zudem gibt er sich nicht einfach zufrieden, sondern versucht auch die Hintergründe zu verstehen. Bei seinem ersten London-Besuch fand Stefan Mäder zwar nicht die gesuchten Teile, erhielt aber einen Tipp vom dortigen MG Owners Club. «Von einem kleinen Kiosk aus haben wir dann angerufen und einen Termin im rund 4,5 Stunden nördlich gelegen Darlington abgemacht», erinnert er sich. «Dort fanden wir unser Schlaraffenland – also alle Teile, die wir in der Schweiz nie bekommen hatten.»

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Der MG kam zwar mit dem Hinweis «ab MFK» zu Stefan Mäder und seinem Team, die seriöse Zustandsanalyse offenbart jedoch noch viel Arbeit, bevor das britische Cabrio wieder sicher auf den Strassen unterwegs sein wird. 

Inzwischen hat sich Mäder über Jahrzehnte ein Netzwerk aufgebaut, wird gerne bei schwierigen Fällen zurate gezogen und hat parallel zum Werkstattbetrieb ein grosses Ersatzteillager aufgebaut. «Ich habe das englische Fieber gekriegt, würden andere sagen», meint Mäder lachend und führt an der typischen roten englischen Telefonkabine vorbei in die Werkstatt, wo ein edler Bentley und ein Rolls-Royce auf den Hebebühnen auf die geübten Hände des Prüfungsexperten IGF Fahrzeugrestaurator Mäder warten. Das AGVS-Mitglied hat seine Liebe zu britischen Fahrzeugen auch seinen beiden Söhnen Dominic und Joël vermacht, die seit 2016 respektive 2018 bei British Inter Cars in Täuffelen arbeiten und gerade die Bremsen an einem MG testen. «Als ‹ab MFK› wurde der verkauft. Der Zustand ist erschreckend, bald hätten die Bremsen versagt», so Mäder kopfschüttelnd. «Da kommt viel Arbeit auf uns zu, bis dieser Wagen seriös restauriert und wieder sicher unterwegs ist.»

Damit bringt es Mäder auf den Punkt: Nicht nur schöne Formen, edles Leder oder schmucke Holzintarsien machen für ihn einen Oldtimer aus, sondern er muss auch gut und sicher zu fahren sein. «Oft kommen Kunden erst nach dem Kauf zu uns. Wir machen dann zuerst eine genaue, technische Zustandsanalyse. Danach macht es Sinn, mit dem Kunden zu erörtern, wie das weitere Vorgehen bezüglich Reparatur oder Wartung sein soll, ob oder wie sich das Ganze überhaupt lohnt», erläutert Mäder. Zudem sind für die Besitzer so Unterhaltskosten genauso wie Reparaturen besser kalkulierbar oder auch budgettechnisch auf mehrere Jahre verteilbar. «Wir haben zudem extra ein eigenes Wartungsheft für eine saubere Dokumentation entwickelt. Damit versuchen wir ebenfalls, Pannen und unnötige Folgeschäden zu verhindern.» 

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Das passende Öl hilft den Verschleiss zu minimieren – vor allem bei Oldtimern, wo Ersatzteile rar und teuer sind, ein schlagendes Argument.

Durch sein profundes Fachwissen wissen ­Mäder und sein Team genau, wann kritische Teile zu revidieren sind oder welche Arbeiten vielleicht in Kürze ebenfalls fällig werden. Ausser auf den riesigen Erfahrungsschatz setzt er auf moderne Technik oder Arbeiten, die in den alten Serviceplänen für die Fahrzeuge noch nicht angedacht waren – für den Old- und Youngtimer-Experten noch lange kein Stilbruch. «Zuerst gilt es, jeweils eine seriöse Zustandsanalyse zu machen und zu klären, ob der Besitzer auf Originalität oder Funktionalität setzt», erklärt ­Mäder, «und wie er den Wagen nutzen will. Erst danach ist für uns klar, ­welche Prioritäten wir setzen müssen.» Auf dem Weg in den unteren Stock unterstreicht er, wie wichtig es sei, mit Kunden Arbeiten zu besprechen: «Im Vergleich zu neuen Fahrzeugen ist die Kommunikation viel entscheidender. Man muss Kunden erklären, wieso man die eine oder die andere Bremsscheibe verwenden will oder welches Öl man nutzen sollte.»

Für Stefan Mäder ist es wichtig, die Gesamtzusammenhänge zu sehen – und daher auch entscheidend, dass die Auswahl des richtigen Motor-, Getriebe- oder anderer Schmiermittel auf qualifizierten technischen Kenntnissen beruht. «Ölfreigaben beruhten einst auf dem Stand des damaligen Wissens, doch die Öle und Additive wurden weiterentwickelt, und ich sehe nicht ein, wieso man nicht auch für Oldtimer auf den aktuellen Stand der Technik setzen sollte. Dafür gibt es gute Gründe», so Mäder. Er spricht dabei jedoch nicht einfach von modernen Mehrbereichsölen, die für die alten Briten ungeeignet sind und teilweise sogar unreparierbare Schäden anrichten: Öl ist nicht einfach Öl, vor allem nicht für den erfahrenen AGVS-Garagisten. «Für mich basiert die richtige Ölauswahl auf drei Punkten. Zum einen der Art des Schmiersystems, auch Motor und Baujahr sind hier wichtig. Zum anderen ist entscheidend, ob es sich um einen verschlammten Originalmotor handelt oder einen revidierten, sauberen Motor», erläutert Mäder, während wir an einer echten Royal-Mail-Box vorbei ins Ersatzteillager schreiten. An Regalen mit unzähligen blauen und roten Boxen, feinsäuberlich markiert für unterschiedlichste Ersatzteile, geht es entlang zu jenen mit Flaschen mit wasserlosen Kühlflüssigkeiten von Evans. «Als dritter Punkt ist entscheidend, ob die Besitzer ihren Wagen zum Cruisen nutzen wollen oder sportlich unterwegs sind und an Rallyes mitmachen.»

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Der AGVS-Garagist mit Meisterprüfung eidg. dipl. Automechaniker HFP zeigt auf den Zeitungsausschnitt mit Bildern des MG A Coupé 1600 mit Jahrgang 1961 seiner Mutter, das einst seine Faszination für Oldtimer begründete. 

Inzwischen stehen wir vor Mäders «Ölquelle», denn seit 2000 ist er Generalimporteur für Millers Oils, einen englischen Spezialisten, der seit 1887 Öle für Young- und Oldtimer aus hochwertigen Basisölen oder auch Additiven herstellt. «Meine Passion für Öl hat mit meinem MG angefangen. Ich hatte so viel Zeit und Mühe in die Restauration investiert, da wollte ich nicht einfach irgendetwas reinschütten, sondern nur das Beste», erinnert sich Mäder. Er wandte sich an Ölmarken und deren Experten, landete aber meist bei Vertretern oder Verkäufern; zu wenig für den wissenshungrigen Garagisten, bis er auf Millers Oils stiess. «Hier wurden meine Fragen endlich beantwortet, und ich durfte den Familienbetrieb und das Labor sogar besuchen», erzählt Stefan Mäder. Dabei lernte er den damaligen technischen Direktor Martyn Mann, inzwischen pensioniert, kennen.

Mäder und Mann verstanden sich auf Anhieb und entwickelten in den folgenden Jahren nicht nur neue Öle, die in der Palette von Millers Oils noch fehlten, sondern auch eine Freundschaft. «Nutzt man ein gutes Basisöl und das passende Additiv, kann man heute vielleicht sogar alten Gummi wieder etwas geschmeidiger machen, den Verschleiss je nach Betriebszustand massiv reduzieren und dem Oldtimer so zu einem längeren Leben verhelfen», so Mäder. «Ein teil- oder vollsynthetisches Öl kann für einen Oldtimer nämlich absolut Sinn machen, jedoch nur, wenn sich die Additive neutral verhalten und keine Teile angreifen. Es gilt hier, jeweils die richtige Balance zu finden.» Hier profitiert Mäder bei der Beratung von seiner grossen Erfahrung. Sinkt oder steigt der Verbrauch, gibt es weniger blauen Qualm bei der Fahrt oder weniger Öltropfen danach – für den Berner sind dies wichtige Indizien zum Zustand des Wagens oder dem möglichen Einsatz einer bestimmten Ölsorte. «Es ist schade, dass der Schmiertechnik in der heutigen Ausbildung so wenig Beachtung geschenkt wird», sinniert Mäder. «Dabei kann es so viel ausmachen, denn der Ölfilm hilft, Teile zu schonen. Eine andere Viskosität kann bei Getriebe oder Automat zu einem falschen Reibwert führen – und schon schaltet sich ein Wagen viel schwerer.»

Mäder ergänzt: «Früher wurden in der Antriebstechnik auch viel weniger Schmierstellen verbaut; Simmerringdichtungen gab es nicht, höchstens Rücklaufnuten. Daher hat man damals oft dickeres Öl genutzt, um der mechanischen Konstruktionsweise Rechnung zu tragen – man musste mehr Spiel geben.» Der Oldtimer-Spezialist plädiert zudem dafür, dass der Ölwechsel am Oldtimer nicht etwa zum Saisonstart erfolgt, sondern bereits im Herbst am Saisonende. «Mit sauberem Öl überwintert der Wagen besser als mit einem verwässerten, das allenfalls Schäden verursacht, statt den Motor optimal zu konservieren hilft.»

Für einen riesigen Schritt – auch bei den Ölen von Millers – sorgte die vor allem aus der Formel 1 und dem Motorsport bekannte Nanotechologie. Dort ermöglicht sie eine massive Reibungsverminderung und sorgt für bessere Hitzebeständigkeit. «Im Rennsport bedeutet das in der Regel mehr Leistung, bei den Oldtimern weniger Verschleiss», erläutert Mäder. «Die Hersteller legten ja einst einfach Mindestanforderungen für Öl fest. Das heisst aber nicht, dass man heute kein besseres Öl einsetzen darf.» Wichtig ist dem Experten auch, dass man zwischen Einsatzzwecken unterscheidet: Denn Getriebeöle haben eigene Viskositäts- und Qualitätsnormen (GL1 bis GL5). «Es existieren parallele Normenskalen zu Motorenölen, was leider nicht allen bewusst ist», so Mäder.

Die Viskosität ist zudem kein Qualitätsmerkmal, sondern gibt einen Hinweis auf das Fliessverhalten in Anhängigkeit zur Temperatur: Ein 20W50 verhält sich bei 40 Grad wie ein 20er-Öl, bei 100 Grad dagegen wie ein 50er-Öl. Nutzt man ein Öl mit zu hoher Viskosität, kann das vor allem bei einem Kaltstart dazu führen, dass nur verzögert eine Schmierung erfolgt. Der Schmierschutz, der von Qualität genauso wie Öldruck anhängig ist, sei aber absolut entscheidend – auch bei modernen Autos. Fehlt er, kann dies gravierende Folgen haben. «Ein Öl der überholten Qualität-API SH kann problemlos durch eines der SJ-Kategorie ersetzt werden, solange es kein Material angreift, aber dies muss man erklären. Darum sind eine seriöse Beratung und die Kommunikation mit Kunden so wichtig», erläutert Mäder und schiebt den Ölbehälter ins Regal: Der nächste Kunde wartet bereits mit Fragen auf ihn.
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