Ein schweres Jahr sehr gut gemeistert

Ein schweres Jahr sehr gut gemeistert


  

334,4 Millionen Franken Umsatz, 1100 Teilnehmer, ein neuer Präsident und die Erkenntnis, dass die mittelständische Organisation des Garagenbetriebs noch lange kein Auslaufmodell ist: Die Generalversammlung der ESA wurde ihrem Ruf als interessante und grösste Veranstaltung des Schweizer Autogewerbes einmal mehr vollumfänglich gerecht.
 

Der scheidende ESA-Präsident Martin Plüss konnte trotz einem sehr herausforderndem Geschäftsjahr 2015 eine positive Bilanz ziehen: «Die ESA ist beweglicher denn je im Markt unterwegs und steht stärker da als noch vor einem Jahr.» Die von Charles Blättler, dem Vorsitzenden der ESA-Geschäftsleitung präsentierten Zahlen unterstreichen das: Der Gesamtumsatz konnte erneut gesteigert werden und erreichte die Rekordmarke von CHF 334,4 Millionen Franken (+1,3%). Damit lag das Resultat trotz erheblichen Preissenkungen als rasche Reaktion auf die Aufhebung der Euro-Mindestgrenze im Januar 2015 auf Vorjahresniveau. Das erlaubte der ESA, ihrer Generalversammlung am Mittwoch in Interlaken eine Verzinsung wie im Vorjahr zu beantragen, was von der Versammlung einstimmig genehmigt wurde.
 
Von der raschen Reaktion der ESA auf den für alle überraschenden Vorgang im Januar 2015 hätten in erster Linie die ESA-Kunden und deren Endkunden profitiert, sagte Blättler. Die Aufhebung der Euro-Untergrenze durch die Schweizer Nationalbank hatte jedoch hohe Abschreibungen auf dem Warenlager und das schwache Wintergeschäft haben die Ertragslage zusätzlich geschwächt. Die ESA reagierte unter anderem mit massiven Zukäufen von schwächeren Euros und musste – begrenzt – auch stille Reserven anzapfen. Die Einkaufsorganisation für das Schweizer Auto- und Motorfahrzeuggewerbe verfügt laut Blättler aber nach wie vor über eine starke Substanz.

Garageneinrichtung wächst
Zum erneuten Erfolg beigetragen haben praktisch sämtliche Geschäftsbereiche: Im Reifenbereich verzeichnet die ESA ein Wachstum vor allem im Segment für die Premiummarken. Der Bereich Service- und Verschleissteile wuchs trotz zügig weitergegebenen Zusatzrabatten nach dem Eurozerfall knapp zweistellig. Hier ist die ESA inzwischen bereits zum drittgrössten Lieferant in der Schweiz aufgestiegen. Gewachsen ist auch der Bereich Zubehör, hier namentlich bei den Schmiermitteln. Eine verstärkte Nachfrage registrierte die ESA im vergangenen Geschäftsjahr auch im Bereich Garageneinrichtungen: Hebetechnik, Reifenservice, Diagnose und Klimaservice – überall konnte ein signifikantes Wachstum realisiert werden. Die erfolgreiche Kooperation mit BOSCH wurde 2015 in allen Sortimentsbereichen fortgesetzt.
 
Besonderes Augenmerk legt die ESA auch auf den neuen Geschäftsbereich eBusiness&Solutions (EBS), in welchem neu die innovationsorientierten Themenbereiche esashop.ch, die Werkstattkonzepte, Kundendienstleistungen, Partnershops sowie Digitale Geschäftsmodelle und Projekte zusammengefasst sind. Inzwischen machen die Bestellungen über den eShop knapp 60% aus.
 
Markus Hutter neuer Präsident
Bei sämtlichen Geschäften wurden die Vorschläge des Vorstands einstimmig angenommen. Als neuer ESA-Präsident wurde Markus Hutter aus Winterthur gewählt. Er ersetzt Dr. Martin Plüss, der nach 32 Jahren im ESA-Vorstand – davon 22 Jahre als Präsident – zurücktrat und mit einer standing ovation von den ESA-Eigentümern herzlich verabschiedet wurde. Neu in den ESA-Vorstand gewählt wurden Ivo Musch aus Altdorf für die Region Uri und Tobias Zollikofer aus St. Gallen für dessen Region.

 
An der Nase herumgeführt
Das Traktandum «Entlastung der verantwortlichen Organe» wurde, wie jedes Jahr, von Kurt Aeschlimann moderiert. Der Berner-Oberländer führte aber alle an der Nase herum. Seine Rede begann er mit der Begrüssung «sehr geehrter Herr Bundesrat», worauf sich die Gäste diskret aber verwundert um- und anschauten – weil gar kein Bundesrat anwesend war. Aeschlimann löste das Rätsel nach dem obligaten Werbespot für das Berner Oberland auf: Er hatte seine Rede vor zehn Jahren einfach nochmals gebracht und zeigte damit auf eine originelle Art, «wie wenig sich manchmal verändert.» Der scheidende ESA-Präsident Martin Plüss konterte Aeschlimanns Fazit darauf mit einem Zitat von Goethe: «Wenn wir behalten wollen, was wir haben, dann müssen wir viel verändern.» In Sachen Lacher aus dem Publikum war damit Einstand.
Pressecommuniqué der Generalversammlung [PDF]
 
Liste der ESA-Jubilare 2016 [PDF]

«Das war harte Arbeit über Jahre hinweg»

Nach 32 Jahren im ESA-Vorstand, davon 22 Jahre als Präsident, trat Martin Plüss an der ESA-Generalversammlung vom Mittwoch zurück. Damit geht eine Ära zu Ende, in der sich die ESA als wichtiger Partner der Schweizer Garagisten stark entwickelt hat.



Herr Plüss, Sie haben sich heute als ESA-Präsident verabschiedet. Macht das wehmütig?
Martin Plüss: Offen gestanden erwischen Sie mich jetzt grad in einem ziemlich emotionalen Moment. Besonders die sehr freundlichen Worte meines Nachfolgers Markus Hutter haben mich verlegen gemacht…
 
Sie standen 22 Jahre als Präsident an der Spitze der ESA. Wenn wir Sie jetzt bitten, eine kurze Bilanz zu ziehen – wie sieht die aus?
Ich will jetzt auf keinen Fall unbescheiden klingen, aber ich glaube, in dieser Zeit hat die ESA erheblich Fortschritte gemacht, namentlich im Bereich der Organisation, der Prozesse, aber auch personell und in jüngster Zeit auch im Online-Bereich. Das hat die ESA an die Spitze der Branche gebracht, was natürlich in erster Linie die Leistung aller ESA-Angestellten ist.
 
Das war Arbeit über Jahre hinweg…
Nein – das war harte Arbeit über Jahre hinweg, die auch kein Nachlassen erlaubte. Resultat ist, dass wir heute eine unangefochtene Position innehaben. Gleichzeitig muss ich warnen – die Konkurrenz schläft nicht und so ein Vorsprung, wie wir ihn aktuell haben, ist schnell weg.
 

Verraten Sie uns das Geheimnis?
Langfristiges Denken. Wir stehen nicht im Dienst von Aktionären und sind deshalb auch nicht einer kurzfristigen Gewinnmaximierung verpflichtet. Uns geht es darum, unser Handeln darauf auszurichten, dem Garagisten zu helfen, seine Position im Markt zu verbessern.

Und auf der persönlichen Ebene schmerzt der Abschied auch?
Absolut. Ich bin seit 35 Jahren in verschiedenen Gremien in unserer Branche tätig. Aber hier war ich eindeutig am liebsten. Die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Gremien innerhalb der ESA war oft hart, oft kritisch, aber immer ausgesprochen befriedigend, weil wir letztendlich immer alle am selben Strick gezogen haben.
 
Sie hätten es sich leicht machen und einfach in Ihrem Betrieb bleiben können. Stattdessen haben Sie sich teilweise sehr zeitintensiv für die Branche engagiert…
Das ist richtig, aber unter dem Strich haben auch ich und mein Betrieb davon profitiert. Ich hatte in dieser Zeit so viele enorm schöne Kontakte, die nicht nur mein geschäftliches, sondern auch mein privates Leben bereichert haben. Meine Firma wäre heute nicht, was sie ist, wenn all das nicht gewesen wäre.

Wie gross ist der Einfluss des Präsidenten bei der ESA eigentlich?
Das hängt stark von seiner Persönlichkeit ab…
 
Wenn wir jetzt bei der ESA eine Umfrage starten würden…
…dann würden Sie wahrscheinlich herausfinden, dass ich eine aktive Rolle gespielt habe. Lassen Sie es mich so formulieren: Ich bin es gewohnt, mich stark einzubringen, wenn ich mich irgendwo engagiere.
 
Jetzt haben Sie Ihr Amt abgegeben – und plötzlich mehr Zeit. Für das Tagesgeschäft im eigenen Betrieb in Zuchwil?
Wo denken Sie hin! Für unseren Betrieb mit 50 Mitarbeitenden haben wir länger schon einen Geschäftsführer eingestellt, der macht einen tollen Job. Die Zeit, die ich jetzt gewinne, die nutze ich für mich selber. Ich gehe jetzt segeln.


«Der Anspruch an die Qualität bleibt – das ist gut für uns»

Mit Markus Hutter wird ein langjähriger, erfolgreicher und politisch bestens vernetzter Garagist neuer ESA-Präsident. Wichtige Aufgabe für ihn und seine Kollegen im Vorstand wird sein, die Position der ESA auch im Rahmen der Digitalisierung weiter zu stärken.
 

Herr Hutter, als langjähriges Mitglied des ESA-Verwaltungsrats wissen Sie natürlich, wie gross der Einfluss des Präsidenten ist…
Markus Hutter: Er kann – gerade hier – viel bewegen. Martin Plüss hat das sehr eindrücklich bewiesen. Ich würde meinen Einfluss aber nicht überschätzen. Meine Funktion wird primär die eines Moderators sein, der im Dialog zusammen mit dem ESA-Verwaltungsrat, der ESA-Geschäftsleitung und unseren Partnern die beste Lösung für unsere Kunden und deren Kunden finden muss. Das wird also keine one man show.
  
Was ändert sich unter Markus Hutter als ESA-Präsidenten – und was bleibt gleich?
Bleiben wir realistisch – die ESA ist eine praktisch weltweit einzigartige Organisation. Sie ist hervorragend aufgestellt, verfügt über sehr gutes Personal, wird getragen von 7‘500 Mitinhabern und steht damit im Dienste des Schweizer Autogewerbes. Das alles muss unbedingt so bleiben. Hier gibt es absolut keinen Änderungsbedarf.
  
…aber die Konkurrenz schläft nicht, der Wettbewerb wird härter…
Das ist so, keine Frage. Die immer grösser werdende Herausforderung wird deshalb sein, wie wir auf die teilweise dramatisch schnellen Veränderungen der Geschäftsprozesse reagieren.


 
Stichwort Garagino – die Digitalisierung wird die Art und Weise verändern, wie die ESA am Markt auftritt…
Sie tut das schon heute. Gerade das Beispiel Garagino zeigt, wie. Unsere Aufgabe wird es zunehmend sein, uns auch an den Endkunden zu richten und ihn zu unseren Mitgliedern, den Garagisten, zu leiten, damit dieses Geschäft künftig nicht an ihnen vorbeigeht; wir nennen das B2B2C, business to business to consumer, also von uns als Lieferanten zu unseren Kunden und von ihnen zum Endkonsumenten. Die Komplexität des ganzen Geschäfts nimmt stark zu. Gleichzeitig aber nimmt auch die Beratungsintensität zu, verbunden mit einem ständig steigenden Anspruch an die Qualität dieser Beratung. Die Grundfunktionen eines glaubwürdigen Lieferanten werden deshalb auch künftig wettbewerbsentscheidend sein. Für uns ist das beruhigend, denn hier sind wir exzellent aufgestellt.


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