Occasionspreise haben das Plateau erreicht

Halterwechsel

Occasionspreise haben das Plateau erreicht

7. April 2023 agvs-upsa.ch – «2023 dürfte sich die Lage auf dem Gebrauchtwagenmarkt aufgrund des zu erwartenden Anstiegs der Neuimmatrikulationen etwas entspannen. BAK Economics prognostiziert insgesamt 776000 Halterwechsel.» Das ist die zentrale Aussage zum Gebrauchtwagenmarkt im Konjunkturausblick für das Jahr 2023. Inzwischen sind ein paar Monate vergangen – Zeit für einen ersten Realitätscheck.

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Die Erholung der Zahlen bei den Handänderungen dürfte sich nach Ansicht von Marktexperten auch 2023 fortsetzen.
Foto: Hans Engbers / Shutterstock.com


Kro. Kurzer Rückblick: Gemäss einer für AUTOINSIDE erstellten Auswertung von Autoscout24 wurden auf deren Plattform 2022 gesamthaft etwas über 650000 Occasionen inseriert, was in etwa dem Vorjahresniveau entspricht. «Allerdings verzeichnen wir seit Juli 2022 wieder einen Anstieg an inserierten Occasionsfahrzeugen», sagt Maurice Acker, National Sales & Customer Director Automotive bei Autoscout24. 
 
Im Jahr 2021 war ein Occasionsfahrzeug durchschnittlich 57 Tage auf Autoscout24 inseriert. 2022 lag dieser Wert bei durchschnittlich 61 Tagen. Im Vergleich dazu: Neuwagen waren länger auf Autoscout24 ausgeschrieben, durchschnittlich 77 Tage im Jahr 2021 und 67 Tage im Jahr 2022. «Man sieht anhand der Zahlen: Durch den Mangel an Neuwagen wurden jene Neuwagen, die es noch auf ­Autoscout24 gab, schneller verkauft», sagt Maurice Acker. Bei den Occasionsfahrzeugen würden die Standzeiten leicht zunehmen, mitunter, weil sich der Markt ab Mitte letzten Jahres etwas beruhigt habe. «Sollte sich der Markt im laufenden Jahr weiter entspannen, so erscheint die Prognose von BAK Economics realistisch», sagt er.

Gleichzeitig sind die Preise für Occasionen nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau. Der Durchschnittspreis eines Gebrauchtwagens auf Autoscout24 stieg allein im vergangenen Jahr um 4000 Franken (+15 Prozent). Comparis meldete gar einen Anstieg um 36 Prozent. Für den Händler relevanter sind jedoch die tatsächlich realisierten Transaktionspreise, die in der Regel tiefer ausfallen. «Der starke Anstieg ist unter anderem damit zu erklären, dass in einem Nachfragemarkt, was er nach wie vor sehr ausgeprägt ist, zuerst die günstigeren guten Occasionen verkauft werden», erklären Azren Rastoder und René ­Mitteregger, die Abteilungsleiter Redaktion und Produkte bei der Auto-i-dat AG. Zurück blieben die teuren Fahrzeuge im oberen Mittelklasse- und Premiumsegment. 

Wie stark sich der Occasionsmarkt verändert hat, zeigt sich auch daran: Im Normalfall orientieren sich die Gebrauchtwagenpreise an den Veränderungen der Neuwagenpreise. «In den letzten Jahren hatten wir jedoch die Situation, dass die Occasionspreise den Neuwagenpreisen den Takt vorgaben», sagt das Duo Rastoder/Mitteregger. «Der starke Anstieg der Occasionspreise – vor allem im zweiten Quartal 2021 – führte dazu, dass die Hersteller ihre bis dato an den Tag gelegte Zurückhaltung bei der Erhöhung der Neuwagenpreise ablegten.» 

«Occasionspreise haben das Plateau erreicht»

Jetzt schwingt das Pendel sukzessive wieder zurück: Weil seit dem dritten Quartal 2022 die Neuwagenpreise – zumindest jene im beliebtesten und meistgehandelten Segment der SUV der unteren Mittelklasse – merklich zurückgehen, müssen in der Folge kurz- und mittelfristig auch die Occasionspreise sinken. Entsprechende Auswertungen der letzten Monate zeigten: «Die Occasionspreise haben das Plateau erreicht», sagt das Duo von Auto-i-dat. Aus Marktsicht wäre eine «geordnete Normalisierung» der Preise ihrer Ansicht nach eine positive Veränderung. Darauf haben die beiden bereits im November auf der Website agvs-upsa.ch hingewiesen. Stand heute zeichne sich ab, dass sich das damals skizzierte Szenario durchsetzt. 
Das sieht man auch bei Autoscout24 so. «Die Engpässe bei der Rohstoff- und Materialversorgung werden auch 2023 nicht gänzlich verschwinden», blickt Maurice Acker nach vorn, aber es gebe genügend Faktoren, die für eine weitere Erholung im Occasionsmarkt sprechen. Die Neuwagenimmatrikulationen nehmen seit Mitte 2022 wieder zu. Der Markt komme Schritt für Schritt aus der Angebotskrise heraus. Die sich dank jungen Gebrauchten verbessernde Liefersituation und wieder mehr Leasing-Rückläufer habe entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung im Occasionsmarkt: «Fehlt es an Neuwagen, fehlen diese morgen auf dem Occasionsmarkt», sagt Acker.

Noch unklar ist, welche Rolle die Teuerung spielen wird. «Wir sehen bereits jetzt, dass Konsumentinnen und Konsumenten bei der Wiederbeschaffung eines Fahrzeugs vermehrt zögern und die Preise viel intensiver vergleichen als früher.» Die Plattform ­autolina.ch beobachtet, dass die Standtage der Fahrzeuge auf ihrer Plattform wieder zunehmen. «Aufgrund dieser Entwicklung müssen sich Händler und Hersteller auf neue Herausforderungen einstellen und ihre Strategien möglicherweise anpassen», sagt Wolfgang Schinagl, Geschäftsführer und Partner bei Autolina. 

Für den AGVS wie auch für die meisten Mitgliederbetriebe wohnen hier zwei Seelen in einer Brust: Was für den Handel ein Nachteil ist, kann für die Werkstatt ein Vorteil sein. Die Autobesitzer kümmern sich mehr um die Instandhaltung. «Sollte sich der Markt wie erwartet weiter entspannen, werden es die Garagisten dieses Jahr schwieriger haben, die Preise der Occasionen auf dem bisherigen Niveau zu halten bzw. die Vergabe von Rabatten zu verhindern», sagt AGVS-Geschäftsleitungsmitglied Markus Aegerter, der ebenfalls von einer steigenden Zahl an Handänderungen und damit von einer weiteren Entspannung des Marktes ausgeht. 

Was heisst das für den Handel? «Vorsicht walten lassen mit zu hohen Ankaufspreisen und mit Bedacht Fahrzeuge ankaufen», heisst es bei Auto-i-dat. Konkret: «Erstens prüfen, ob es für das jeweilige Fahrzeug bereits ein grösseres Angebot gibt. Zweitens die Standzeiten des Fahrzeugs als Indikator der Nachfrage beachten. Und drittens den angebotenen Preis mit den tatsächlich realisierten Transaktionspreisen bzw. mit der Bewertung im Tool ‹Autohandel› vergleichen.»  
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